Bezahlwirrwarr an Europas Ladesäulen

  • 2023-01-05
  • THG Quote Allgemein

Bezahlwirrwarr an Europas Ladesäulen – So kundenunfreundlich ist das Laden wirklich

 

+++ Nicht nur Strom wird immer teurer und die Ladepreise gehen durch die Decke, sondern auch die Freischaltung ist längst nicht optimal. Dennoch schafft die THG-Quote eine gute Kompensation der höheren Kosten. +++

 

So einfach wie das Tanken an der nächsten Tankstelle gestaltet sich das Laden von E-Fahrzeugen leider noch nicht. Zumindest nicht für Neulinge in der elektromobilen Welt, die noch nicht mit den wesentlichen Ladekarten und Apps ausgerüstet sind. Das bestätigt auch eine aktuelle Fallstudie der Marktforscher von Kantar im Auftrag der Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V. (IDZ), denn diese bezeichnet die Freischaltung der Säulen „als [ein] absolutes Glücksspiel“.


In mehr als 9 von 10 Fällen sei das einfache Zahlen mit der Kredit- oder Debitkarte nicht möglich. Hier kommt man also an einer App, Webschnittstelle oder Bezahlkarte mit vorheriger Anmeldung nicht herum. Laut der Umfrage des IDZ möchten aber mehr als zwei Drittel aller zukünftiger E-Autofahrer am liebsten spontan und ohne Datenerfassung mit der eigenen Bankkarte bezahlen. Daher fordert die IDZ gemeinsam mit weiteren Akteuren eine verbraucherfreundliche Lösung auf europäischer Ebene.


Und es wird noch schlimmer, denn laut der Untersuchung der IDZ sei das spontane Stromtanken in vielen europäischen Ländern schlicht unmöglich oder kundenunfreundlich. Das zeigte die Auswertung der angebotenen Bezahlmöglichkeiten von 61 Ladesäulenbetreibern mit insgesamt knapp 30.000 öffentlich zugänglichen Ladesäulen in zwölf europäischen Ländern. Dabei wurden sowohl städtische (40) als auch ländliche (21) Angebote geprüft.


Die Dominanz der sogenannten „geschlossenen Bezahlsysteme“

Wie deutlich geschlossene Bezahlsysteme dominieren, zeigt sich in der Verteilung, denn 55 Ladesäulenbetreiber setzen ausschließlich auf solche Systeme. Um die betreibereigenen Ladekarten, Apps und Webseiten zu nutzen, ist eine vorherige Registrierung notwendig. Wer eine Ladekarte erhalten möchte, die auch bei unzureichendem Handyempfang funktioniert, muss sogar teilweise extra Geld für die Karte bezahlen.

 

Der Autor dieser Zeilen selbst ist schon mehrere Jahre elektrisch unterwegs und hat bisher über 30 Karten angehäuft – hauptsächlich, um diese zu testen und die zugrunde liegenden Modelle redaktionell aufzuarbeiten. Notwendig sind eigentlich nur wenige Karten oder Anbieter für Europa. Als grobes Backup bieten laut der Umfrage aber auch 32 der 59 Ladesäulenbetreiber, mit Ladekarte oder Roaming, einen QR-Code an, der eine sogenannte Adhoc-Ladung ermöglicht. Kritisch ist hier die Manipulation, warnt die IDZ, denn QR-Codes könnten überklebt werden und somit auf eine gefälschte Webseite umleiten. Somit könnten sensible personenbezogene oder Zahlungs-Daten abgefangen werden.

 

Insgesamt 50 Anbieter besitzen eine eigene Lade-App zum Starten des Lade- und Bezahlvorganges. Jedoch sei, unabhängig von der Art des Freischaltprozesses über App oder Webseite, stets ein entsprechender Login vorausgesetzt und beide Bezahlvorgänge seien unnötig kompliziert und für Verbraucher mit zusätzlichem Aufwand und Hürden verbunden. Gerade in Deutschland besitzt ein Großteil der E-Autofahrer zwar ein Smartphone, jedoch ist eine stabile Internetverbindung nicht immer gegeben.

 

Die Sprach- und Preisbarriere

Aus der eigenen Erfahrung heraus kann der Autor bestätigen, dass die Sprache und die Preisangaben in den Apps teils verwirrend sind. Dies bestätigte auch die Untersuchung, denn dort sei aufgefallen, dass die jeweiligen Apps oder Webseiten häufig ausschließlich in der Landessprache und nur selten auf Englisch angeboten wurden. Weiterhin sei in den meisten Fällen der Preis pro Kilowattstunde oder Ladevorgang beim Adhoc-Bezahlen mit der Debit- oder Kreditkarte deutlich teurer als über die betreibereigenen oder Roaming-Ladekarten gewesen. Spontanes Laden kann somit nur eine Alternativlösung darstellen, da dies durch die hohen Preise zusätzlich unattraktiv gestaltet werde.


In nur wenigen untersuchten (sechs) E-Ladesäulen – zwei in Frankreich und je eine in Deutschland, Österreich, Schweden und Polen – war laut den Testern eine spontane Bezahlung mit einer Kreditkarte durch Einstecken oder via NFC über ein eigenes Kartenterminal möglich.


Fazit

Die Tester sind sich laut der IDZ einig, dass eine breite Akzeptanz der E-Mobilität in der Gesellschaft nur durch eine einheitliche, verständliche und allen voran leicht zu handhabende Bezahllösung an Ladesäulen erreicht wird. Neben einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur und guter Verfügbarkeit sei ein wichtiger Baustein die Freischaltung mit gängigen Bezahlmöglichkeiten, wie es die Mehrheit vom Tankstellennetz und dem normalen Einkauf an der Ladenkasse gewohnt ist.


Mehr zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland findet ihr in unserem zugehörigen Blogartikel.



Quelle: https://ecomento.de/2022/08/31/fallstudie-bezahlchaos-an-europas-elektroauto-ladesaeulen/